Angestoßen durch das Investitionsprogramm der Bundesregierung wurde das UNESCO Welterbe Kloster Lorsch von 2010 – 2014 überarbeitet und die Fläche von 1.000 auf 50.000qm erweitert. Daran beteiligten sich der Bund und das Land Hessen mit je 5 Mio. Euro und die Stadt Lorsch mit 3 Mio. Euro. Eine 9köpfige Fachjury entschied sich damals für die Umsetzung des Wettbewerbsentwurfs der Planungsgemeinschaft hg merz und TOPOTEK 1. Dem Besucher erschließt sich nach dem somit angenommenen Masterplan das jetzt entstandene Flächendenkmal chronologisch: vom Besucherinformationszentrum (BIZ) her kommend links über das ehemalige Mutterkloster Altenmünster und die Kulturachse bis zur Klosterdüne mit Königshalle und zurück über das Freilichtlabor Lauresham. Bisher umgesetzt wurde die Errichtung des BIZ, der Umbau des Geländes von Altenmünster und des Klosterhügels, die Neufassung der östlichen Nibelungenstraße und des ehemaligen Eingangsbereichs des Klosters (Benediktinerplatz), die Überarbeitung der Zehntscheune, der Rückbau des Karolingerplatzes, der Aufbau von Lauresham, die teilweise Anlage der Kultur-Natur-Achse mit der Holzbrücke über der Kreuzwiese. Hier fehlen noch die geplanten informativen und belebenden Elemente und des Weiteren eine Ankunftssituation für Gäste bzw. der dazugehörige Parkplatz.
Für diesen Parkplatz haben nun die städtischen Gremien die Beschlüsse für das Baurecht herbeigeführt. Doch bleibt dessen Standort am BIZ umstritten. Wir beantworten hier die am häufigsten gestellten Fragen.
Das hat verschiedene Gründe: Erstens: Die ICOMOS (internationale Nichtregierungsorganisation für Denkmalpflege mit Sitz in Paris und Beraterorganisation der UNESCO) hat im Rahmen des Wettbewerbs eindringlich geraten, dass in der Umgebungszone des Welterbes kein Parkplatz liegen bzw. dass dieser zurückgebaut werden sollte. Deshalb wurde der Karolingerplatz mit fast 900.000 € und mit Mitteln des Stadtumbau in Hessen als (Schotter-)Rasenfläche mit Bäumen angelegt. Mit der Annahme der Fördergelder stimmte die Stadtverordnetenversammlung STVV der Bedingung zu, dass damit nur in Ausnahmefällen und bis zur Schaffung des neu geplanten Parkplatzes geparkt werden darf. Würde man den Karolingerplatz in einen Parkplatz zurückverwandeln, droht zweierlei: Die Aberkennung des UNESCO-Titels (siehe Dresden) und die Rückforderung der Fördermittel. Auch die Denkmalschutzbehörden haben sich wiederholt (zuletzt aufgrund einer Nachfrage 2017) gegen das Parken auf dem Karolingerplatz ausgesprochen.
Mit dem Freilichtlabor Lauresham sollen die Inhalte des Kloster Lorsch verlebendigt und die Verweildauer der Gäste erhöht werden. Ursprünglich war das BIZ näher an der Stadt geplant. Sein heutiger Standort wurde jedoch ebenfalls von der ICOMOS sowie vom Naturschutz festgelegt.
Der prämierte Entwurf sieht die Erschließung des Welterbes von Osten her vor. Deshalb wurde hier mit dem BIZ der erste Teil einer Ankunftssituation schon für ca. 2 Mio. € geschaffen. Weiterhin wird der touristische Verkehr damit aus der Stadt herausgehalten. Schließlich ist somit, direkt an der B 460, die Anbindung des Welterbes an den Linienbus aus und nach Bensheim (IC-Bahnhof) und damit an den ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) gegeben.
Unter elf Wettbewerbseinreichungen wurde der Entwurf des umgesetzten Masterplans von den Experten klar als der beste für Lorsch befunden. Einer der ausschlaggebenden Gründe lautete damals: „Erschließung des Gesamtgebietes von Osten einschl. Verlagerung des anfallenden Besucherverkehrs östlich der Weschnitz“. Alle Projekte, die laut dieses Masterplans bisher umgesetzt wurden, haben sich als sehr erfolgreich bewiesen. Zudem würde man sich der Steuergeldverschwendung schuldig machen: nämlich das BIZ sinnlos mitten im Acker errichtet zu haben.
Ja. Obwohl durch den Bau des BIZ schon 2 Mio. € ausgegeben wurden, wurden alle 15 vorgeschlagenen Alternativen zum sogenannten Parkplatz Ost von einem dafür berechtigten Planungsbüro unter Hinzuziehung der TÖB (Träger öffentlicher Belange) überprüft. Am Ende kristallisierte sich der Platz östlich der Weschnitz klar als der beste heraus. Der Bau- und Umweltausschuss schloss sich dieser Ansicht in einer öffentlichen Sitzung im September 2014 an und stimmte für die Umsetzung.
Umweltschutz, Flächenverbrauch, Belange der Landwirtschaft, Vorkommen seltener Arten, verkehrstechnische Anbindung für PKW, Busse und ÖPNV, machbare Entfernungen bis zum Eintritt ins Welterbe, Einbindung in das Landschaftsbild, unkomplizierte Erreichbarkeit etc.
Die gesamte Überarbeitung des Welterbes wurde zwischen 2009 bis heute in jedem einzelnen Schritt in den demokratisch gewählten Gremien und öffentlichen Ausschüssen der Stadt vorgestellt, diskutiert und per Mehrheitsentscheid beschlossen. Im letzten Schritt beschloss die Stadtverordnetenversammlung mit einer namentlichen Abstimmung im Juni 2018 mit 21 Ja-Stimmen und 11 Nein-Stimmen die Änderung des Flächennutzungsplans zum Bau eines Parkplatzes am BIZ.
Das Gesetz regelt, dass Bürger während der Offenlegung eines Bauleitplanes Anregungen und/oder Bedenken zu der Planung äußern können. Die Äußerungen werden fachlich geprüft und die STVV fasst hierüber jeweils einen Beschluss, der den Bürgern später mitgeteilt wird. Diese Möglichkeit hatte in Lorsch in einem früheren Verfahrensschritt nur ein Bürger genutzt. Die im Januar 2018 eingebrachten Einwände stellten keine neuen, nicht schon überprüften Argumente gegen die Planung dar. Dass damals der Eindruck entstand, man könne nun als Bürger über den Bau des Parkplatzes abstimmen, ist einem Missverständnis in den Medien geschuldet.
Nein. Der Parkplatz in seiner Gesamtgröße wurde anhand der Annahme geplant, dass das Welterbe jährlich 58.000 Besucher hat. Nun soll zunächst nur eine Hälfte umgesetzt werden. 2015 – 2017 wurden im Mittel 52.767 Tickets verkauft. Obwohl es auch schon heute Gäste gibt, die zwei Führungen buchen, steht diesen eine sicherlich höhere Zahl von Besuchern gegenüber, die das frei zugängliche Welterbe anschauen, ohne an einer Führung teilzunehmen. Da das Welterbe weiter entwickelt wird, ist von einer weiterhin steigenden Tendenz auszugehen: Die Staatlichen Schlösser und Gärten (SG), deren Prognosen sich bislang bestätigten, rechnet bis 2030 pro Jahr mit 100.000 Besuchen. Der Parkplatz muss nicht nur für heute genügen, sondern vielmehr auch zukünftig passen.
Sicherlich muss es eine elektrobetriebene Fahrmöglichkeit für gehbehinderte Gäste geben. Doch egal wo die Gäste ankommen: Die Wege zwischen der Königshalle und Lauresham als den zwei größten zu besuchenden Attraktions-punkten, bleiben gleich lang.
Zum einen liegt die Hauptattraktion des Welterbes, die karolingische Königshalle, in der Innenstadt. Am BIZ gibt es zudem keine Möglichkeit einzukehren und eine größere (Ess-)Pause einzulegen. Der Masterplan sieht mit dem Welterberundgang vom BIZ her kommend ausdrücklich in der Hälfte der Wegstrecke einen Aufenthalt in der Stadtmitte vor (essen, trinken, Kauf von Souvenirs etc.). Nicht zuletzt deshalb können die Gäste am BIZ kostenlos Fahrräder (auch für Kinder) ausleihen.
Aus gutem Grund gibt es in der Lorscher Innenstadt mit ihrem eng geführten Einbahnstraßenring ein Durchfahrtsverbot für Busse und LKW. Ein haltender Bus ragt hier immer in den Verkehrsraum hinein. Jeder weiß, wie lange es dauert, bis 50 Personen aus einem Bus aus- oder in einen Bus eingestiegen sind. Die Folgen für den fließenden Verkehr sind leicht vorstellbar, ebenso die Umweltbelastung. Denn zusätzlich muss der Bus während der Zeit der Besichtigung außerhalb verbracht und wieder herangefahren werden.
Eine unsichere, improvisierte Ausstiegssituation wird man insbesondere mit älteren Menschen und Kindern meiden. Der drastische Rückgang in der Museumspädagogik hat bspw. nachweislich (Kundengespräche) damit zu tun, dass es am BIZ keinen Parkplatz gibt.
Wenn sich die Eingangssituation zum Welterbe am BIZ befindet, wird dieses auch ganzjährig geöffnet und in Betrieb sein. Wie schon jetzt der Fall, gibt es auch im Winter in BIZ und Lauresham museumspädagogische Aktionen, gebuchte Führungen und Thementage. Das Freilichtlabor Lauresham wird dann seine Winteröffnungszeiten zusätzlich ändern.
Der entstehende Parkplatz wird nicht versiegelt. Die Oberfläche wird so gestaltet, dass das Regenwasser dort versickern kann. Nur die Fahrspuren müssen asphaltiert werden.
Dieser würde an jeder anderen Stelle auch entstehen. Außerdem soll sich der Bau an dem Projekt „Der ökologischste Parkplatz Deutschlands“ der Uni Karlsruhe orientieren, mit der diesbezüglich schon Kontakt aufgenommen wurde. Zusätzlich ist an dieser Stelle die Renaturierung von Weschnitz und Meerbach geplant.
Das Gleiche, wie auf den Uferparkplätzen an Rhein, Neckar, Main etc.: Sollte der Parkplatz überschwemmt sein, muss gewartet werden, bis das Wasser wieder versickert.
Von der vorgesehenen Gesamtgröße wird zunächst nur die Hälfte ausgebaut. Dies bietet Platz für 50 PKW, 10 Busse und eine Haltestelle für den Linienbus. Die Abstellfläche misst damit etwa ein knappes Viertel des REWE/ALDI-Parkplatzes.
Der Parkplatz, wie er in seinem ersten Erschließungsschritt geplant ist, soll 1,5 Mio. € kosten. Steuergeldverschwendung wäre es, eine mit dem BIZ und 2 Mio. € schon geschaffene Ankunftssituation nicht fertigzustellen, weil man am Eingangsgebäude des Welterbe Areals keinen Eingang schafft. Zur Frage der Kostenübernahme gibt es eine mehrfach wiederholte öffentliche Aussage des Magistrates, dass die Stadt hier nicht Trägerin der Maßnahme sein wird.
Gedacht ist derzeit an eine Parkgebühr. Also daran, dass der Parkplatz (ähnlich wie der Wohnmobilstellplatz) auch Gelder einspielt. Außerdem kann der Parkplatz ebenfalls für das nahegelegene Naturschutzgebiet Erlache dienen sowie an das überregionale Radwegenetz angeschlossen werden. Sowohl bei Sonderveranstaltungen im BIZ als auch bspw. bei den Lorscher Stadtfesten, dient er als Anlaufstelle.
Nachdem die Stadtverordnetenversammlung mit deutlicher Mehrheit der Flächennutzungsplanänderung und dem Bebauungsplan zugestimmt hat, ist das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt am Zug. Es ist davon auszugehen, dass das RP der Flächennutzungsplanänderung ebenfalls zustimmt. Danach wird der Bebauungsplan durch Bekanntmachung rechtskräftig gesetzt. Damit sind alle baurechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung des Ankunftsortes in der Weschnitzaue geschaffen.
Wie muss eine Ankunftssituation aussehen?
Jeder kennt das: Man fährt
wohin und ist fremd. Zunächst braucht man eine gute Beschilderung, danach einen
bequemen, sicheren Parkplatz. Nach dem Aussteigen dann der suchende Blick: Wo
muss ich hin? Benötigt wird jetzt eine Informationsstelle in Sicht, möglichst
auch eine Toilette. Nach dem stillen Örtchen erfreut den Gast die ausführliche,
freundliche Auskunft, um zu entscheiden, was in welcher Form unternommen werden
soll. Ggf. folgt hier der Ticketkauf. Ausgerüstet mit einer handlichen Karte
etc. beginnt die Erkundung.
Das Welterbe Kloster Lorsch, ohne weithin sichtbare, markante Kulisse oder Silhouette und weitläufig ergänzt, stellt besondere Ansprüche: Der Gast muss am Ausstieg aus PKW und Bus sofort „abgeholt“ werden. An der Ankunftssituation müssen Menschen sein, die erzählen, was zu sehen sein wird, die Fragen beantworten und außerdem Fotos und Ansichten des Welterbes, die dem Gast Lust machen und zeigen, dass sich der Besuch lohnt. Hier fanden nicht nur Dieter Gauf (Geschäftsführer des rda) und der Busfahrer Wolfgang Hess in der Kultur- und Sozialausschuss-Sitzung (KSA) vom 24. Mai 2018 klare Worte: „Aussteigen und auf der Fahrbahn stehen oder in einer abschüssigen nassen Wiese, die in einen tickenden Elektrozaun mündet, ohne Toilette oder auch Sitzbank in der Nähe und ohne Möglichkeit, sich zu informieren - das geht gar nicht.“ „Was wir brauchen, ist kein Parkplatz, sondern eine vernünftige Ankunftssituation“, sagt auch der Bürgermeister. „Die gute Nachricht: Diese ist mit dem BIZ zur Hälfte schon gebaut und bezahlt.“
Wer in Aachen mit dem Bus
anlandet, läuft 20 Minuten bis zum Dom. In Verona werden bis zur Arena 25
Minuten fällig. Wer das Pfahlbaudorf am Bodensee besuchen möchte, läuft einen
knappen Kilometer bis alleine der Eingang erreicht ist.
Die Situation, dass Wege überwunden werden müssen, ist gerade heute in den autofreien Altstädten absolut üblich. Lorsch ist hier in bester Gesellschaft. Wirklich schwierig wird es jedoch, wenn für die Überwindung der Distanzen im Falle gehbehinderter Gäste kein Fahrzeug zur Verfügung steht. Und auch, wenn der Weg nicht abwechslungsreich genug ist. Bei beidem muss Lorsch noch besser werden. Denn der Weg zwischen BIZ und Königshalle kommt einem gewiss länger vor als der in der Aachener Altstadt. Das hat Markus Seibold vom Münchner dwif-Institut u.a. mit seiner Analyse der Ankunftssituation (KSA am 10. April 2018) in Lorsch klar gemacht.
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